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Angenommener «Energie-Mantelerlass»: Spagat zwischen Nutzungs- und Schutzinteressen

26.10.2023 aNR Hans Egloff, Präsident HEV Schweiz

Der HEV Schweiz hat das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung als wichtigen Beitrag zum Netto-Null-Ziel 2050 stets unterstützt. Der Mantelerlass enthält verschiedene Fördermassnahmen zur Ermöglichung eines möglichst raschen Zubaus erneuerbarer Energien wie Wasser, Wind und Photovoltaik. In der Abwägung zwischen Nutzungs- und Schutzinteressen wird auf die Aufhebung des Biotopschutzes beim Bau von Wasserkraftwerken verzichtet. Für den zeitnahen Ausbau der erneuerbaren Energien haben Solar- und Windkraftanlagen von nationalem Interesse in dafür geeigneten Gebieten Vorrang. In Biotopen von nationaler Bedeutung sowie in Wasser- und Zugvogelreservaten ist es mit der Ausnahme von Gletschervorfeldern weiterhin generell ausgeschlossen, Anlagen zur Energieproduktion zu bauen. In Gletschervorfeldern mit ihrer Doppelfunktion als Rückhalt für Schmelzwasser und Niederschläge zur Trinkwasserversorgung und als Hochwasserschutz sowie für die Energieproduktion ist eine Interessenabwägung möglich. In dafür geeigneten und im kantonalen Richtplan bezeichneten Gebieten soll diese Bestimmung aufgrund der dadurch erschwerten Einsprachemöglichkeiten für den zeitnahen Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion sehr wichtig werden. Dieser Ausbau darf aber nicht dazu führen, dass wir Schritt für Schritt unsere Natur verbauen, die das Klimaschutzgesetz eigentlich schützen soll.

Keine vom Bund verordnete generelle Solarpflicht

Das Parlament folgte dem Antrag des Ständerats, am geltenden Recht festzuhalten und verhinderte so, wie vom Nationalrat beantragt, eine generelle Solarpflicht für alle Neubauten sowie erhebliche Umbauten und Erneuerungen, insbesondere bei Dachsanierungen. Die Pflicht zur Nutzung der Solarenergie für Gebäude mit einer anrechenbaren Gebäudefläche über 300 m2 trifft im Wohnungsbau hauptsächlich Mehrfamilienhäuser. Parallel dazu sind aber die Kantone dabei, mit den MuKEn 2025 ihre Bestimmungen weiterzuentwickeln und auch Eigentümer bestehender Gebäude – unter Berücksichtigung von Bauteillebenszyklen und der Wirtschaftlichkeit der geforderten Massnahmen – in die Pflicht zu nehmen.

Bundesbern ist weiter in der Pflicht

Mit dem Mantelerlass ist ein wichtiger Grundstein gelegt. In der Schweiz wird bis 2050 von einem Strombedarf bis 90 Terrawattstunden ausgegangen, den es durch inländische Produktionsleistung zu decken gilt. Das Versprechen einer sicheren und wirtschaftlich tragbaren Stromversorgung löst der Mantelerlass jedoch ohne zusätzliche Massnahmen in den Bereichen Stromnetz, Strommarktöffnung und Technologieoffenheit nicht ein. Die Stromerzeugung muss vor allem klimaneutral sein und ist mit einer Fokussierung auf «erneuerbar» vielleicht auch zu eng gefasst. Wir wissen, im Winter ist der Strom in der Schweiz knapp. Ist die Versorgungssicherheit nicht gegeben, wird der Mantelerlass zum Aderlass. Oberstes Ziel muss es also sein, die Gefahr einer Mangellage möglichst rasch zu beseitigen. Die Sicherung der Winterstromversorgung und die zwangsläufig damit verbundene Erhöhung der Stromkosten durch den nötigen Netzausbau über die nächsten Jahre sollten endlich transparent und plausibel aufgezeigt werden! Das Stromnetz und der sichere Netzbetrieb sind das Rückgrat einer sicheren Stromversorgung und Grundvoraussetzung für die hohe Lebensqualität in der Schweiz sowie ein zentraler Beitrag zur Erreichung der Ziele der Energiestrategie 2050.

Verschiedene Kreise haben gegen den Mantelerlass das Referendum ergriffen.